Nicht allein Personen und Ortschaften mussten im Zuge meines Schreibprozesses häufig eine kleinere oder größere Wandlung durchlaufen. So ist etwa auch die Träne der Götter – ein mächtiges Artefakt, das in den richtigen Händen allerlei Bannsprüche brechen kann – nicht mehr das, was sie einst war. Bereits in den frühen Entwürfen der Naron-Sage tauchte die Träne unter dem schlichten Namen „Regenbogenstein“ auf. Wie in den späteren Fassungen schickte Laralmar Sagila auf die Suche nach dem mächtigen Gegenstand, der auch damals schon in Anotur zu finden war. Allerdings spielte die Träne der Götter oder – besser gesagt – der Regenbogenstein in diesen frühen Fassungen nicht nur für die Prinzessin von Vanrania eine entscheidende Rolle, sondern beeinflusste auch maßgeblich die Geschichte meines Hauptcharakters Naron.
Zunächst ein wenig darüber, was der Regenbogenstein überhaupt ist, beziehungsweise in meinen Vorüberlegungen und ersten Entwürfen war. Narons Vorläufer – der Saurier Euhplos – besaß einen regenbogenfarbenen Stein, der ihm die Fähigkeit verlieh, sich in alles mögliche zu verwandeln. Zumindest denke ich, dass dem so war, gab es doch in einem Sammelkartenspiel, das ich gemeinsam mit meinem Bruder zu den Charakteren aus T.EU. entwarf, eine Karte, die eben dies bewirkte. Als ich die Geschichte um Euhplos weiter ausarbeitete, blieb der Regenbogenstein als ein fester Bestandteil erhalten.
Auch als aus Euhplos längst Naron geworden war, war der Regenbogenstein da – mitsamt einer Sage, die von seiner Entstehung handelte. Nun war der Stein nämlich ein Teil der Regenbogenkugel, eines mächtigen Artefaktes, das der Schöpfer selbst verwendet hatte, um das All zu erschaffen. Als diese Kugel zerbracht, fiel der Stein Jahrtausende vor der Handlung vom Himmel herab ins Meer. Auf dem Gipfel eines Unterwasserberges überdauerte er in der Obhut der Meerlinge die Zeiten, bis ein Seefahrer hinabtauchte und ihn mit sich nach Anotur nahm. Der Regenbogenstein blieb als Erbstück in der Familie des Seefahrers bis er an den Bauern Iundir gelangte.
Iundir war – wie man vielleicht erkennen kann – eine frühe Fassung von Phiaras Vater Gundir. Dieser schenkte den Stein seiner Tochter, die ihn am Tag des Lichtes trug, als sie mit Naron tanzte. Phiara, die Naron in dieser Fassung noch nicht nach Tur Limor begleitete, gab ihm den Regenbogenstein als Glücksbringer mit auf den Weg. Daraus zog Naron in seinem Kampf mit Antoxa dann auch die Kraft, die Meereshexe zu besiegen. Später überreichte er den Stein Sagila, nachdem diese durch Zufall herausgefunden hatte, dass er das begehrte Artefakt trug.
Freilich entspricht diese Geschichte nicht der, die Ihr in der veröffentlichten Fassung von „Das Schwert der Vorväter“ nachlesen könnt. Das liegt vor allem daran, dass ich im Laufe der Überarbeitung mein Augenmerk auf das titelgebende Schwert legte und die Träne der Götter aus diesem Grund aus Narons Handlungsstrang entfernte. Zugleich schrieb ich die Entstehungsgeschichte der Träne um und ließ sie im Süden darauf warten, von Sagila und Daren-Nyo entdeckt zu werden.